All that is gold does not glitter,
Not all those who wander are lost;
The old that is strong does not wither,
Deep roots are not reached by the frost.J.R.R. Tolkien
wandern, umherschweifen, irren – Da stellen sich die Fragen nach dem WOHER und WOHIN:
Wovon wollen wir aufbrechen?
Was ist unser Ziel?
Welche Schritte können wir dabei gehen?
Müssen wir unseren Weg alleine finden oder gibt es jemanden, der uns begleitet?
Woher weiß ich, welcher Weg der richtige sein könnte?
Antworten auf diese Fragen gibt es viele; nicht immer fallen sie leicht. Während ich vieles bei der Planung einer konkreten Wanderung gut beantworten kann, bleibt es je mehr ich den Blick weite – je größer die „spirituelle Dimension“ ist, die ich meinen Fragen möglicherweise zugrunde lege – häufig offen. Gewisse Unabwägbarkeiten gibt es jedoch in allen Fällen. Und macht das nicht genau den Reiz des Unterwegs-Seins aus? Die Möglichkeit Dinge zu entdecken, sich überraschen zu lassen und auf verschiedenste Art herausgefordert zu werden.
Unterwegs-Sein. Das bedeutet Bewegung, wechselseitige Dynamiken, Impulse und Inspiration. Wir verharren nicht im status quo, wir erleben Veränderung und damit einhergehende Ungewissheiten. Und ist es nicht genau das, was unser Leben so interessant, so spannend, so schön macht? Das Ungewisse, das Überraschende, das Entdecken immer neuer Details und Inspirationen.
Ist es da ein Wunder, dass das Motiv des Unterwegs-Seins auch in vielen Religionen eine große Rolle spielt? Für das Christentum beispielsweise ist es prägend wie kaum ein anderes. Sei es der Exodus oder die Aussendung der Apostel, das Volk Gottes ist immer auf dem Weg, immer auf der Suche: Abraham wird von Gott gesandt, um in ein neues Land zu ziehen (Gen 12), Josef wird – wenngleich unfreiwillig – auf den Weg nach Ägypten geschickt, welcher ihn letztlich näher zu Gott führt (Gen 37 ff.), die Hebräer verlassen Ägypten und ziehen 40 Jahre durch die Wüste (Ex 3ff.), Propheten werden zu fremden Völkern gesandt u.v.m.
Im Unterwegs-Sein erfährt das Volk JHWHs die liebende und aktive Gegenwart seines Schöpfers. Glaube ist nicht statisch, er beruht nicht auf der Beibehaltung eines immer gleichen status quo, vielmehr muss er immer wieder neu erarbeitet und vertieft werden. Wer mit Gott seinen Weg geht, wer mit ihm neue Wege geht, dem macht Gott alles möglich: Das rote Meer weicht zur Seite (Ex 13) und ein Fisch wird zur Rettung auf hoher See (Jona 2). „Mit meinem Gott überspringe ich Mauern“ (Ps 18,30) – in diesem Vertrauen darf das Volk JHWHs mutig neue Wege entdecken.
Und im Unterwegs-Sein dann wächst das Reich Gottes und wird – Schritt für Schritt – im Hier und Jetzt Wirklichkeit. Jesus selbst offenbart sich als Weg (Joh 14,6) und auch seine Botschaft – Βασιλεία τοῦ Θεοῦ – vollzieht sich als solcher. Das Reich Gottes erscheint nicht von jetzt auf gleich mit einem großen Knall und ist dann einfach da, sondern es wächst und gedeiht wie ein Senfkorn (Mk 4, 30 ff.). Die Verbreitung der Botschaft Gottes gelingt nur, indem die Jünger sich auf den Weg machen (Mk 16,15) und auf diesem Weg ist Gott selbst bei ihnen, wenngleich auch oft unerkannt wie auf dem Weg nach Emmaus (Lk 24, 13-35).
Besonders faszinierend am Motiv des Unterwegs-Seins ist dabei seine Vielschichtigkeit, seine Offenheit für unterschiedliche Erfahrungen, Ergebnisse und Tempi. Denn Reisen, das wissen wir alle, birgt immer auch gewisse Risiken: Wir können vom Weg abkommen und uns verirren so wie das verlorene Schaf im Gleichnis vom Guten Hirten oder aber wir geraten in ein Unwetter und erleiden Schiffbruch wie Paulus auf seinem Weg von Cäsarea nach Rom. Möglicherweise erweist sich der gewählte Weg aber auch einfach nur als steiniger als erwartet, so dass wir nur mühsam vorankommen und deutlich mehr Zeit benötigen als geplant, oder wir verlieren unterwegs das Ziel aus den Augen.
Solche Erfahrungen können frustrieren und demotivieren, gleichzeitig jedoch bringen sie häufig auch neue Erkenntnisse und Impulse mit, wecken mitunter unseren Ehrgeiz oder Trotz. Dies alles erleben wir nicht nur auf unseren praktischen Spaziergängen und Wanderungen, es ist auch Teil unserer gesamten Lebenswirklichkeit.
Unterwegs-Sein, das ist alles. Von angenehmen Wanderungen im Sonnenschein bis hin zu mühsamer Kraxelei durch Wind und Wetter. Nicht immer kommen wir auf dem Wege da an, wo wir es geplant haben, aber eigentlich immer nehmen wir unvergessliche Erfahrungen und wertvolle Impulse mit. Und so lasst uns nicht einfach nur stillsitzen, sondern miteinander unterwegs sein!
unterwegs in Westfalen
unterwegs in der Welt
unterwegs durchs Leben.